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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
von Thomas Hintze
Aus seiner umfangreichen CD-Sammlung
fischt der Jazz-Kenner und -Liebhaber
Thomas Hintze für die STEREO-Leser jeden
Monat die schönsten Schätze. Im Folgenden
widmet er sich den Standards.
Meine Jazz Standards
„Skylark“
D
er falsche Einstieg in diesen
Standard wäre sicher die Ori-
ginalversion mit Glenn Miller und
dem Sänger Ray Eberle. Diese
Schmonzette können wir uns spa-
ren, denn „Skylark“ von Hoagy
Carmichael (Komponist) und John-
ny Mercer (Text) gibt es in einer
schier unüberschaubaren Anzahl
hervorragender Jazz-Einspielun-
gen. Überhaupt muss man sagen,
dass Carm ichael einer der pro-
duktivsten Songschreiber war. Ne-
ben „Skylark“ dürfte „Stardust“
zu seinen bekanntesten Num-
mern gehören. Die Entstehungs-
geschichte von „Skylark“ nun geht
auf das Jahr 1941 zurück, nach der
von Miller folgten dann schon bald
weitere Aufnahmen, unter ande-
rem von Harry James.
Wir beginnen aber mit einer
deutlich
späteren
Einspielung
des Ventilposaunisten
Bob Brook-
meyer
, langjähriger Partner von
Gerry Mulligan in der Chet Ba-
ker-Nachära. Hier auf der CD
„Bob
Brookmeyer And Friends“
(Co-
lumbia) hat er sich mit Stan Getz
(Tenorsaxofon), Herbie Hancock
Lee Konitz
(Chesky) das Aufnah-
medatum 2000. Trotzdem werde
ich immer wieder darin bestätigt,
dass sorgfältige Aufnahmetech-
nik wie im Falle von Brookmeyer
bereits viel früher exzellente Er-
gebnisse gezeitig hat (beim Label
Chesky können wir solches ja oh-
nehin voraussetzen). Wenn dann
die Musik auch noch den Hörer
fesselt, kann nichts schiefgehen.
Bis heute ist Lee Konitz ein Phä-
nomen unter den Jazzmusikern,
tourt er doch auch 2014 noch als
cher ein kleines Dankeschön an
den östereichischen Tenorsaxofo-
nisten Hans Koller, der hier das Co-
ver-Artwork beigesteuert hat.
Unter den heutigen Schlagzeu-
gern nimmt
Jeff Hamilton
eine
Sonderstellung ein. Vielen von Ih-
nen ist er gewiss aus dem Mon-
ty Alexander Trio bekannt, ande-
ren ist er als Co-Leader des Clay-
ton-Hamilton Jazzorchesters ein
Begriff. Auf der CD
„Best Things
Happen“
(Azica/In-Akustik) treffen
wir ihn mit dem herausragenden
in seinen Gruppen, sondern ordnet
sich ein, arbeitet viel mit den Be-
sen, um eine Dominanz zu verhin-
dern. Zudem hat er aber auch ei-
nige großartige Soli, die in Sachen
Feinauflösung Ihrer Anlage einiges
abverlangen. Eine insgesamt groß-
artige CD voller Energie, die ich Ih-
nen dringend empfehle.
Jazzsänger sind heutzutage ei-
ne eher seltene Spezies, während
Jazzsängerinnen des Öfteren sehr
nachhaltig auf sich aufmerksam
machen. Als der Hype um
Grego-
ry Porter
losging, hielt mich zu-
nächst meine Skepsis etwas zu-
rück. Erst als ich meinen Bestand
in puncto „Skylark“ durchforste-
te, bin ich wieder auf ihn gesto-
ßen, und so landete seine CD
„Wa-
ter“
(Motema) in meinem CD-Spie-
ler. Und siehe da, er hat mich mit
„Skylark“ sofort gefesselt. Irgend-
jemand charakterisierte ihn mal
als „Schm usestim m e“ oder so
ähnlich, aber das kann ich nicht
nachvollziehen. Ja, er singt viele
langsame Titel, aber seine Stimme
strahlt Energie und Geschmeidig-
keit aus, was für mich nichts mit
Bob Brookmeyer:
Lee Konitz: Parallels
Jeff Hamilton Trio: Best Things Happen
Gregory Porter: Water
Bob Brookmeyer And Friends
(Klavier), Gary Burton (Vibrafon),
Ron Carter (Bass) und Elvin Jones
(Schlagzeug) zusammengetan - ei-
ne hochkarätige Besetzung. Stan
Getz beginnt den Titel, indem er
die Melodie fast gehaucht vorstellt,
gefolgt von der kraftvollen Posau-
ne Brookmeyers, die vom Vibrafon
unterstützt wird. Allmählich geht
es dann in einen swingenden Beat
über, bis es schließlich mit Stan
Getz ausklingt. Gerade der Gegen-
satz von Tenorsaxofon und Posau-
ne macht den besonderen Reiz die-
ser CD aus.
Wurde das vorangegangene Al-
bum 1964 eingespielt, so trägt
die Hybrid-SACD
„Parallels“
von
mittlerweile 86-Jähriger! Immer ist
er sich treu geblieben und hat kei-
ne Modeerscheinung mitgemacht,
sein lyrischer und doch kraftvoller
Ton ist unverwechselbar. Was ihn
auszeichnet ist auch, dass er sich
mit den unterschiedlichsten Kol-
legen, oft auch sehr jungen, um-
gibt.
Klar hört man sofort, wer
das Kommando hat, doch lässt
er hier seinen Begleitern Peter
Bernstein (Gitarre), Steve Gilmore
(Bass) und Bill Goodwin (Schlag-
zeug) ausreichend Freiraum. Hinzu
kommt noch der Tenorsaxofonist
Mark Turner, allerdings pausiert
der bei unserem Standard. Ein Ti-
tel der SACD heißt „For Hans“, si-
Pianisten Tamir Hendelman und
dem Bassisten Christoph Luty.
Manchmal denkt man schon, ob
es nicht doch zu viele Pianotrios
gibt: Was kann da noch an Neu-
em oder Spannendem passieren?
Dass es auch anders geht, erlebt
man hier bei jeder Note. So über-
zeugt neben Hendelman auch der
Bassist, der bei John Clayton stu-
diert hat, welcher wiederum Mon-
ty Alexanders Bassist war. Ergeb-
nis ist ein wunderbar kräftiges,
farbenreiches Bassspiel, das sei-
nem Mentor alle Ehre macht. Und
dann ist da ja noch Jeff Hamilton
am Schlagzeug. Er dominiert nicht
so wie zum Beispiel Louis Bellson
Sentimentalität zu tun hat. Hinzu
kommt, dass er über ein reiches
Ausdrucksspektrum verfügt und
sich mit großartigen Begleitmu-
sikern umgibt. Leider kann ich an
dieser Stelle keinen vollständigen
Überblick geben, da die Besetzun-
gen wechseln, bei „Skylark“ zum
Beispiel hat der Trompeter Kafele
Bandele ein herrliches Solo. Kurz-
um, dank Gregory Porters groß-
artiger Musik konnte ich wieder
einmal einige Vorurteile an den
Nagel hängen, danke. Und Por-
ter kann auch anders. Beim Track
„Black Nile“ etwa brennt die Luft.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim
Hören, Ihr Thomas Hintze.
144 STEREO 7/2014
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